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Sachverständige: unentbehrliche Helfer des Gerichts

Oftmals erfordert die rechtliche Entscheidung über einen Sachverhalt Sachkunde, über die Richter als Juristen nicht verfügen. Gerichte müssen Sachverständige heranziehen, um die erforderlichen Kenntnisse für die Entscheidung über Klagen oder Anklagen zu erlangen.

Komplizierte bautechnische Sachverhalte, die Rekonstruktion von Verkehrsunfällen oder die Bewertung von Heilverläufen als Ergebnis ärztlicher Behandlungsfehler – die Sachverständigen sollen dem Gericht Fachkunde aus den unterschiedlichsten Disziplinen vermitteln, damit Richterinnen und Richter Sachverhalte beurteilen zu können, deren fachkundige Beurteilung ihnen als Juristen nicht immer geläufig ist. Mithilfe der von Sachverständigen vermittelten Sachkunde sollen die Richterinnen und Richter in die Lage versetzt werden, die zur Entscheidung anstehenden Sachverhalte selber zu beurteilen.

Die abschließende Beurteilung des Falls bleibt damit in der Verantwortung des Gerichts. Das bedeutet, dass die Sachfragen abschließend durch die Richter, nicht durch die Sachverständigen beurteilt werden sollen. So kann es auch dazu kommen, dass Richter nach der Einholung der Sachverständigengutachten zu anderen Ergebnissen kommen als sie sich aus dem Sachverständigengutachten ergeben. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn ein Sachverständiger einen Sachverhalt seiner Untersuchung zugrunde gelegt hat, der sich im weiteren Verlauf des gerichtlichen Verfahrens abweichend darstellt. Vermittelt das Sachverständigengutachten die erforderlichen Kenntnisse, kann das Gericht – ohne ein weiteres Gutachten einzuholen – den tatsächlichen Sachverhalt neu bewerten. Das Gericht muss hierbei prüfen, ob die mit dem ersten Gutachten erlangte Sachkunde ausreicht, um den Sachverhalt zu beurteilen. Im Zweifelsfall wird das Gericht den Sachverständigen erneut um Unterstützung ersuchen.

In der Regel wird das Gericht den sachverständigen Ausführungen, wenn sie nachvollziehbar und überzeugend sind, folgen. Damit tragen die Sachverständigen eine große Verantwortung bei der Überzeugungsbildung des Gerichts.

Der Bedeutung und Verantwortung der Sachverständigen tragen zahlreiche Vorschriften in den Prozessordnungen der verschiedenen Gerichtsbarkeiten Rechnung. Sie bestimmen die Auswahl und Anleitung der Sachverständigen durch das Gericht sowie die Durchführung der Sachverständigentätigkeit. § 404 Abs. 2 Zivilprozessordnung sieht vor, dass bevorzugt öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige ausgewählt werden sollen, wenn solche für das fragliche Fachgebiet vorhanden sind. In besonderen Fällen dürfen auch andere Sachverständige herangezogen werden. Dies ist zum einen der Fall, wenn für das benötigte Fachgebiet ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger nicht vorhanden ist, zum anderen, wenn eine andere Person die bessere Sachkunde hat. § 73 Abs. 2 Strafprozessordnung enthält eine entsprechende Regelung, § 98 Verwaltungsgerichtsordnung verweist auf die Vorschriften der Zivilprozessordnung.

Die vom Gericht beauftragen Sachverständigen müssen neutral und sachbezogen vorgehen. Sie müssen sich daher den Beteiligten gegenüber unparteiisch verhalten und die Begutachtung an der vom Gericht gestellten Beweisfrage orientieren. Unter Umständen können Sachverständige wie Richter wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Hierfür kommt es darauf an, ob Tatsachen vorliegen, die aus Sicht eines vernünftigen Verfahrensbeteiligten geeignet sind, Misstrauen in die Unparteilichkeit des Sachverständigen zu erregen. Es genügt also nicht, wenn ein Verfahrensbeteiligter individuell Unwohlsein mit Blick auf den Sachverständigen empfindet. Das Gericht, das über die Ablehnung des Sachverständigen zu befinden hat, versetzt sich die Lage des Verfahrensbeteiligten und stellt sich die Frage, ob ein Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Sachverständigen auf Tatsachen beruht und diese bei vernünftiger Betrachtung das Misstrauen rechtfertigen.

Sachverständige können ihr Gutachten mündlich oder schriftlich erstatten. Die Form legt das Gericht fest. In welcher Form das Gutachten auch erstattet wird: die Verfahrensbeteiligten haben das Recht, Fragen zu stellen und Anträge zu stellen, die die Begutachtung betreffen. Hierfür kann das Gericht den Beteiligten eine Frist setzen. Werden Fragen und Anträge nach Ablauf der Frist eingereicht, kann das Gericht diese unter bestimmten Voraussetzungen zurückweisen. Des Weiteren können die Beteiligten ihre Sicht darüber darlegen, wie sie das Ergebnis der Begutachtung bewerten.

Hat das Gericht das Gutachten und die Stellungnahmen der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis genommen, ist es die Aufgabe des Gerichts, sich eine Meinung davon zu bilden, was das Ergebnis der Begutachtung ist. Das Gericht entscheidet darüber ob und in welchem Umfang es seine Interpretation der Beweisaufnahme mitteilt. Schlägt sich die Interpretation der Begutachtung in der abschließenden Entscheidung nieder, etwa weil es sich auf das Ergebnis des Urteils auswirkt, legt das Gericht spätestens in dieser Entscheidung (z. B. in dem Urteil) mit, wie es die Begutachtung versteht.

Die Sachverständigen werden nach gesetzlich vorgeschriebenen Vergütungssätzen entschädigt. Der Stundensatz kann erhöht werden. Mit der Vergütung werden Arbeitsaufwand, Materialaufwand und sonstige Auslagen ersetzt.